Über das Projekt
Im Projekt H2-Reallabor Burghausen – ChemDelta Bavaria wollen die 35 Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft gemeinsam Lösungen erarbeiten, wie die Transformation der chemischen Industrie hin zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise gelingen kann. Nur mit dieser Transformation können die klima- und energiepolitischen Ziele der Bundesregierung erreicht werden (Verringerung der Erderwärmung durch Reduzierung der CO2 Emissionen). Diese Transformation umfasst den Verzicht der Verwendung von fossilen Rohstoffen – wie z.B. Erdgas, bei deren Verbrennung Kohlendioxid (CO2) freigesetzt wird. Stattdessen soll verstärkt Wasserstoff zum Einsatz kommen.
Der Beitrag des H2-Reallabors zur Transformation der chemischen Industrie
Die Besonderheit des H2-Reallabors Burghausen – ChemDelta Bavaria besteht darin, dass es die „stoffliche Nutzung“ des Wasserstoffs behandelt. Im Gegensatz dazu beschäftigen sich die meisten (Forschungs-) Projekte derzeit mit der Herstellung des Wasserstoffs durch Elektrolyse oder der Verwendung des Wasserstoffs als Energieträger.
Der Ersatz von Erdgas stellt chemische Betriebe vor besondere Herausforderungen, denn ein typisches Chemieunternehmen bezieht große Mengen an Erdgas. Jedoch wird teils weniger als die Hälfte des Erdgases als Energieträger verwendet, sondern das Erdgas wird als Rohstoff genutzt, um damit größere, komplexere Verbindungen herzustellen. Das wird als „stoffliche Nutzung“ bezeichnet, im Gegensatz zur „energetischen Nutzung“. Wenn nun das Erdgas ersetzt werden soll, dann muss dieses nicht nur als Energieträger ersetzt werden, sondern auch eine Alternative für die stoffliche Nutzung gefunden werden. Das ist das große Ziel des H2-Reallabors.
Exkurs
Es finden derzeit zahlreiche Aktivitäten zum Thema Wasserstoff statt, wobei sich die meisten entweder mit der „Erzeugung des Wasserstoffs“ oder der „Verwendung als Energieträger“ befassen.
Bei der „Erzeugung des Wasserstoffs“ geht es meist um die CO2-neutrale Herstellung von Wasserstoff aus Wasser unter Verwendung von Strom (Elektrolyse), der durch regenerative Energiequellen (z.B. Sonne oder Wind) erzeugt wurde (Wasserstoff kann auch aus Erdgas hergestellt werden, was jedoch dem Ziel des Ersatzes des Erdgases widerspricht).
Die Verwendung von „Wasserstoff als Energieträger“ umfasst die Nutzung des Wasserstoffs z.B. zur Erzeugung von Wärme (z.B. zum Heizen von Gebäuden) oder für Zwecke der Mobilität (z.B. als Antriebsquelle für PKW). Die meisten dieser Aufgaben können durch elektrischen Strom ersetzt werden (Elektrifizierung), z. B. in Form von Wärmepumpen (Heizen von Gebäuden) oder Elektro-Autos (Mobilität).
Weniger behandelt ist hingegen die Verwendung von „Wasserstoff als Rohstoff“, um damit bestimmte Verfahren zu betreiben (z.B. Eisen oder Stahlerzeugung) oder komplexere chemische Substanzen herzustellen (z.B. Polymere). Die Funktion des Wasserstoffs kann nicht durch elektrischen Strom ersetzt werden. Mit der Verwendung des Wasserstoffs als Rohstoff („stoffliche Nutzung“ des Wasserstoffs) für die chemische Industrie beschäftigt sich das H2-Reallabor Burghausen.
Die komplexeren Verbindungen bestehen hauptsächlich aus den Elementen Kohlenstoff (C) und Wasserstoff (H), beide Elemente sind im Erdgas vorhanden (z.B. Methan: CH4). Wenn nun das Erdgas auch für die stoffliche Nutzung durch Wasserstoff ersetzt werden soll, dann kann dieses das Element Wasserstoff liefern, aber es muss noch eine Kohlenstoffquelle erschlossen werden. Eine mögliche Kohlenstoffquelle stellt das Kohlendioxid (CO2) dar. Dieses entsteht u.a. bei allen Verbrennungsprozessen (z.B. im Haushalt und in „klassischen“ PKWs), aber auch bei speziellen Prozessen in der Industrie, z.B. der Zementherstellung, und wird mit dem Abgas in die Luft abgegeben. Dort besitzt es die unerwünschte Eigenschaft, dass es für die Erderwärmung verantwortlich ist. Daher es ist das große Ziel, den Gehalt an CO2 in der Luft möglichst nicht weiter zu erhöhen.
Teilprojekte des H2-Reallabors
Ein Teilprojekt des H2-Reallabors befasst sich mit dem Ziel, das CO2 aus dem Abgas von Verbrennungsprozessen zu isolieren (um damit einerseits dem unerwünschten Effekt der Erderwärmung entgegenzuwirken) und zugleich dieses CO2 als Kohlenstoffquelle in der chemischen Industrie zu verwenden, um zusammen mit dem Wasserstoff komplexere Verbindungen herzustellen. Damit wird der Ersatz des Erdgases auch für die stoffliche Nutzung möglich.
Ein weiteres Teilprojekt beschäftigt sich damit, den Wasserstoff nicht mit der bereits erwähnten Elektrolyse von Wasser herzustellen, sondern diesen aus Abfallstoffen zu erzeugen. Wenn nun Wasserstoff und Kohlenstoff (aus CO2) zur Verfügung stehen, dann sollen in einem weiteren Teilprojekt im H2-Reallabor Verfahren erarbeitet werden, um daraus erste – relativ einfache – Verbindungen herzustellen, die danach in weiteren Schritten zu komplexeren Stoffen weiterverarbeitet werden können. Diese relativ einfachen Verbindungen (wie z.B. Methanol oder Ethylen) werden als Plattformchemikalien bezeichnet, da daraus eine Vielzahl verschiedener Verbindungen hergestellt werden kann.
Ein anderes Teilprojekt befasst sich mit der Verwendung von Wasserstoff, um daraus Treibstoffe für Flugzeuge herzustellen (sog. eFuels). Während bei PKW der Elektromotor große Vorteile aufweist, stößt ein Elektroantrieb in Flugzeugen sehr schnell an Grenzen, da die benötigte Batterie sehr schwer ist und das Gewicht in Flugzeugen eine große Rolle spielt. Daher müssen für Flugzeuge andere Antriebslösungen erarbeitet werden, wenn auch hier die fossilen Rohstoffe (Flugbenzin) ersetzt werden sollen. Und das letzte Teilprojekt beschäftigt sich mit einem neuen System (zum Einsatz in Biogasanlagen), in dem aus Biogas und regenerativem Strom Wasserstoff und flüssiges Kohlendioxid hergestellt werden können, die als Ausgangsmaterialien für die anderen Arbeitspakete dienen.
Das Ziel des H2-Reallabors
Somit trägt dieses Projekt H2-Reallabor dazu bei, die Transformation der chemischen Industrie hin zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise zu ermöglichen und gleichzeitig die großen klima- und energiepolitischen Ziele zu erreichen. So soll der Erfolg der Unternehmen und damit der Wohlstand für die Bevölkerung gesichert werden, sowohl in der Region ChemDelta Bavaria, als auch in ganz Deutschland.
Leitung
Die Gesamtleitung des Projekts H2-Reallabor Burghausen – ChemDelta Bavaria liegt bei der Reallabor Burghausen – ChemDelta gGmbH. Diese wurde bereits im Jahre 2021 als gemeinnützige Gesellschaft gegründet, um innovative und nachhaltige Lösungen für die Transformation der Region ChemDelta Bavaria hin zur Wasserstoffwirtschaft zu erarbeiten.
Die Gründung der Gesellschaft erfolgte unter Federführung der Stadt Burghausen und des Landkreises Altötting. Die weiteren Gesellschafter kommen aus der Industrie und Logistik (Wacker Chemie AG, Linde GmbH, InfraServ GmbH & Co. Gendorf KG, Westlake Vinnolit GmbH & Co. KG, OMV Deutschland GmbH und DB Cargo BTT GmbH).
Die beiden Geschäftsführer der Reallabor Burghausen ChemDelta Bavaria gGmbH sind Herr Dr. Christian Hackl (links im Bild) und Herr Anton Steinberger (rechts im Bild). Komplettiert wird das Team durch Frau Nancy Hoffmann.
Weiterführende Informationen
Arbeitspakete
Die Forschungsaktivitäten im Projekt H2-Reallabor Burghausen – ChemDelta Bavaria sind in 7 Arbeitspakete aufgeteilt. Diese beschäftigen sich mit den Themen Power-to-Methanol, Sustainable Aviation Fuels, Kreislaufwirtschaft und Reststoffnutzung, Kohlenstoffdioxidabscheidung, CO2-Direktelektrolyse zu grünem Ethylen und Produktion von Wasserstoff an einer CO2-negativen Biogasanlage.
Projektpartner
Um die anspruchsvollen Forschungsaktivitäten im H2-Reallabor Burghausen – ChemDelta Bavaria durchzuführen, haben sich 35 namhafte Projektpartner aus Wissenschaft und Wirtschaft zusammengeschlossen.